Mittwoch, 10. Oktober 2012

Joachim...

Something that moved me to tears just now:


Edit:  Ein Wort zur Erklärung vielleicht. Joseph Joachim und Johannes Brahms waren sehr, sehr enge Freunde, ihr Leben lang. Sie lernten sich kennen, als Brahms 20 und Joachim 22 Jahre alt war, während einer Konzertreise Brahms' mit einem anderen Violinisten, mit dem er sich eigentlich überhaupt nicht verstand. Als er und Joachim aufeinander trafen, machte es "pling". Joachim war ein brillanter Geiger und half Brahms, dem Pianisten, immer dann, wenn dieser Fragen zur Behandlung der Geigen als Soloinstrument hatte. Als Brahms ihm das Violinkonzert vorlegte mit der Bemerkung "damit mir gleich die ungeschickten Figuren verboten werden", schrieb Joachim die Kadenz (= der Teil, in dem der Solist sich alleine austoben und seine Virtuosität zeigen kann).
Die einzige Ausnahme in dieser Freundschaft waren die Jahre nach 1882, als Joachim den Kontakt zu Brahms abbrach, weil dieser sich auf die Seite von Joachims Frau stellte, als dort eine Ehekrise herrschte. Brahms sagte Joachim geradeheraus, er sei zu eifersüchtig. Joachim ließ sich scheiden - von seiner Frau und in gewisser Weise auch vom besten Freund, den er wie gesagt jahrelang nicht sprechen wollte. Man verkehrte natürlich noch schriftlich miteinander, schließlich war man ja Musiker und Profi - Aber die vertrauten Anreden wie "Lieber Freund", "Mein lieber Joachim", "Lieber Jussuf", ja sogar "Liebster" werden ersetzt durch "Lieber und hochverehrter Meister", "Verehrter", "Herrlicher Tondichter", "Hochverehrter Brahms", "Verehrtester Joachim" usw. (aus: Johannes Forner - "Brahms")

Doch beide litten deutlich unter der Trennung und nach 5 Jahren schlich sich Brahms hintenherum an (er erbat die Meinung des alten Freundes über ein neues Werk) und Joachim nahm es an wie ein großes Aufatmen, und die beiden sturen Mittfünfziger hatten einander endlich wieder. =) Prompt schrieb Brahms auch noch ein Doppelkonzert für Violine und Cello, man möchte fast meinen, seine Erleichterung über die Versöhnung da hineininterpretieren zu können.

Hier noch ein Ausschnitt aus dem Violinkonzert; man hört das Ende des ersten Satzes mit der Kadenz sowie den Beginn des zweiten Satzes mit dem berühmten Oboensolo am Anfang (auch wenn ich den in dieser speziellen Aufnahme jetzt nicht sooo schön musiziert finde).


Jedenfalls machte es mir vorhin wirklich Freude und Gänsehaut, den alten Brahmsfreund 6 Jahre nach dessen Tod einen Ungarischen Tanz spielen zu hören. 

4 Kommentare:

Éori hat gesagt…

Hach, wie immer schön und berührend zu lesen. Jetzt freut es mich noch ein kleines bisschen mehr, dass ich am 3.11. bei einem Konzert auch diesen Tanz spiele.

Da fällt mir ein (auf die Gefahr hin, dass das jetzt absolut unsensibel daneben ist), ich hatte schon vor längerem von einem tragischen Komponisten namens Hans Rott, der geglaubt hat, Brahms wolle ihn umbringen, etwas gar nicht so übles gehört (weiß grad nicht mehr ob's eine Suite oder seine Symphonie war) und gleich an dich gedacht.
Ähm, ja... ich geh dann mal wieder. :-D

Tina hat gesagt…

Das ist ja wie eine Zeitreise, eine Aufnahme von 1903, wow. Da läuft einem ja eine Gänsehaut über den Rücken. Der Mann, den ich da höre, hat Brahms gekannt...

Hummel hat gesagt…

Ja, so ging es mir auch, Tina. =) Und nicht nur gekannt - man kann davon ausgehen, daß er wußte, wie die Ungarischen gespielt gehören. Ich möchte wetten, man hört einen Gutteil von Brahms' Vorstellung da heraus.

@Éo: Von dem habe ich nie gehört, da mußte ich grad mal goglen. Brahms fand einfach Rotts erste Sinfonie nicht gelungen. Da er eigentlich ein Mann war, der die Werke seiner Kollegen bewunderte und viele, viele von ihnen zu fördern versuchte, dürfte das Stück *hust* ich sach mal nix weiter, außer Wikipedia:

"Der Abschied von Wien bedeutete offenbar eine derart schwere Belastung, dass es im Zug zur persönlichen Katastrophe kam. Rott bedrohte einen Mitreisenden mit dem Revolver, als der sich eine Zigarre anzünden wollte, weil Brahms den Zug mit Dynamit habe füllen lassen. Rott wurde nach Wien zurückgebracht und dort zunächst in die Psychiatrische Klinik, 1881 in die Niederösterreichische Landes-Irrenanstalt eingewiesen."

Hummel hat gesagt…

Nachtrag: Ich höre mir das Werk gerade an und finde es gar nicht schlecht. =D Auf eine sehr spätromantische bruckner-mahlersche Art, mit deren schwelgenden, langstreckigen Klangmalereien Brahms vermutlich nicht viel anfangen konnte. Ich denke dennoch, er fand es nicht derartig schlecht, daß er Rott dafür in die Luft gesprengt hätte...