Freitag, 28. September 2012

zugefallen

Heute nach der Probe habe ich eine Kollegin zum nächsten S-Bahnhof gefahren. Ihr fiel auf, daß ich wieder, wie schon im alten Auto, ein Brigittenkreuz am Rückspiegel zu hängen habe.

Wer sowas nicht kennt - sieht ungefähr so aus:


Jedenfalls fragte besagte Kollegin nach, was das wohl sei und was es zu bedeuten habe und ich erklärte ihr ein bißchen was. Sie war fasziniert - selbst Irlandfan wie ich, hatte sie noch nie etwas von Brighid gehört. Wir kamen ins Reden und irgendwann meinte ich, ich hätte einfach schon seit Jahren das Gefühl, wann immer ich Auto fahre, sei Brighid dabei. Das ist tatsächlich so, aber eigentlich gebe ich solche inneren Wahrheiten nicht mal eben verbal von mir, was ich ihr auch sofort danach sagte, als sie mich neugierig ansah - so quasi als Entschuldigung. Ich will ja weder für verrückt erklärt werden noch irgendjemanden überfordern. Doch sie grinste nur und meinte "Keine Angst, mir kann man sowas sagen, ich sehe auch Lichtkugeln und rede mit meinen verstorbenen Großeltern. Und als ich noch an der Nordsee studiert habe, stand mal meine Mutter, die in Berlin wohnt, im Zimmer neben mir wie ein Geist. Ich habe sie angerufen und sie meinte, sie sei grad aus ihrem Körper gerutscht und hätte das Gefühl gehabt, sie stünde plötzlich neben mir."

Also bitte. Es gibt Zufälle. Es gibt so wunderbare Dinge, die uns einfach zufallen, wie dieses. Mal sehen, wohin das noch führt.

Außerdem kommen in letzter Zeit wieder vermehrt indische Gottheiten auf mich zu, wie schon vor einigen Jahren mal, aber dazu schreibe ich vielleicht ein anderes Mal ausführlicher.


Mittwoch, 19. September 2012

St Patrick's Breastplate

Ich bin mehr durch Zufall auf eine ganze Menge unterschiedlicher Versionen der Lorica von St Patrick gestoßen, die meisten davon befremdlich bis beängstigend für mich religionsfrei aufgewachsenes Menschenkind. Vom sich aufbrodelnden Techno-gröhl über den einfachen Kirchenhymnus bis zum übemäßig künstlich behallten Eso-Singsang von schönen Sängerinnen auf grünen Hügeln war alles dabei. Sogar eine Art christlicher Massenveranstaltung, wo ein Mann im Pfarrersgewand mit eigener Rockband den Anwesenden im Saal seine Vertonung des Textes beibrachte und dabei behauptete, St Patrick hätte ebendiese Lorica oder auch Breastplate niedergeschrieben (die Herkunft ist ungeklärt und es gibt unzählige Textversionen) und dann noch seinem Wunsch Ausdruck verlieh, es gäbe heute mehr Missionare wie Patrick damals. Da gruselt es mich, ganz ehrlich. Ich finde, die Zeit für Missionare ist vorbei. Oder vielleicht ist das Wort "missionieren" für mich auch nur zu vorbelastet. 
Es wäre natürlich schön, wenn es heute mehr solche Menschen gäbe - aufrichtige, anteilnehmende, stolze, für ihre Überzeugung einstehende Menschen, solche, die ihrer inneren Stimme, Gottes Führung (wie immer sie sie nennen) und ihrem eigenen Weg unbedingt vertrauen. Aber Patrick war gleichzeitig ein Mann, der andere hat so sein lassen, wie sie waren. Er hat vorgelebt. Er hat erzählt, gezeigt und Rede und Antwort gestanden, aber er hat niemals mit dem Hammer auf andere Kulturen gehauen. Und das ist eine Art und Weise, miteinander umzugehen, wie sie heute dringend gebraucht wird, allerdings nicht unbedingt in religiöser Hinsicht. Ein unaufdringliches Selbstverständnis, ein ganz einfaches Vorleben dessen, was möglich ist im Alltag wäre doch schon Gold wert. Ich denke da an so simple Dinge wie Öffis statt Auto, veganen Lebensstil, Tier adoptieren statt hochnobel vom Züchter - je nachdem, wovon jeder einzelne eben so überzeugt ist.  Für nichts davon muß man andere Leute missionieren, es reicht doch völlig aus, wenn man sich selbst darüber klar ist, warum man etwas tut und es also bewußt und ausdrücklich tut, und nicht nur weil "man" es eben so macht und weil es immer so war. Und jetzt fange ich selbst schon wieder an zu missionieren.

Um jedenfalls wieder zur Musik zu kommen: diese Version hier finde ich unglaublich schön - weil schlicht, natürlich und authentisch. 



Und überhaupt mal wieder auf den Patrick gekommen (der mich ohnehin immer sehr intensiv begleitet) bin ich dadurch, daß der Autor des Buches "Rediscovering St Patrick", das ich regelrecht verschlungen habe und dem ich deshalb geschrieben habe, um ihm meine Begeisterung mitzuteilen - als Künstler braucht man positives Feedback, wie ich nur zu gut weiß, deshalb gebe ich auch selbst welches wenn ich wirklich etwas mag - mir sein Nachfolgewerk "St Patrick and the Bloodline of the holy grail" geschickt hat mit einem Zettelchen im Einband, auf welchem stand: Please accept this as a gift. Ich habe ganz weiche Knie bekommen und beginne jetzt mit Staunen und Neugierde und diesem Kribbeln im Bauch, das ich immer bekomme, wenn mir etwas wie ein großes, quasi weihnachtliches Geheimnis erscheint, zu lesen.

Montag, 10. September 2012

Bosstalk

Seit 2 Wochen geht es mir so:

Morgens

Dirigent: "murmelmurmel" und hebt den Taktstock.
Boss: "Wo sind wir? Wo fangen wir an? Das könnte uns doch Hummel wirklich mal sagen, die hat doch 'nen Auszug!" (Boss sitzt 5 Stuhlreihen hinter dem Dirigenten im Parkett. Ich sitze in einem schalldichten Raum.)

Mittags

Regieassistent: "Hier ist dein Auszug, fertig eingerichtet."
Ich: "Danke." Mache meinen Job und gebe sämtliche Stimmungen exakt so, wie laut Auszug vom Regisseur verlangt.
Boss: "Was machst Du da? Das ist totaler Schwachsinn!"
Ich: "...Auszug..."
Boss (zum Regisseur neben sich): "Sorry, but Hummel is in complete confusion!"
Ich: "BRÜLL!" (Ja, ich habe tatsächlich losgebrüllt. Nach 2 Wochen ging es nicht mehr anders.)

Abends

Ich: "Jetzt wird nur noch musikalisch geprobt, da springen sie von Stelle zu Stelle. Soll ich trotzdem mit den Lichtstimmungen mitfahren?"
Boss: "Nee, was für'n Blödsinn, laß das sein, die Apparate müssen geschont werden."
Ich: "Kann ich dann jetzt gehen?" (Es ist 20.30 Uhr, ich bin seit 9.30 da und muß am nächsten Tag wieder um 9.30 da sein. Ich fahre über eine Stunde nach Hause und der Zug, der nur einmal stündlich um halb geht, ist soeben weg.)
Er: "Gehen? Wieso willst Du gehen? Fahr doch mal in die Stimmung!"
Ich: "Dann fahre ich jetzt alle Stimmungen mit?"
Er: "Ja natürlich, die Sänger müssen doch wissen, wie es nachher aussieht!"
Ich: Kopf -> Tisch.

Lichtstimmungen kommen üblicherweise an Stellen, an denen sich auch musikalische Schnittstellen befinden. Soll heißen: Ich hatte nichts zu tun, der Dirigent probt ja nicht die Pausen zwischen den Arien. Um 22 Uhr war die Probe offiziell aus. Ich nahm die S-Bahn zum Hauptbahnhof, um dort zu erfahren, daß diese Nacht keine Züge mehr fuhren. Baustelle. Ich fuhr mit der S-Bahn zurück und nahm eine andere S-Bahn in einen Vorort, von wo ein Schienenersatzbus fuhr. Ich war nachts um 1 Uhr zu Hause und mußte um 6 aufstehen, weil ich Schüler nachholen mußte, deren Unterricht wegen meiner zu 80% sinnlosen Anwesenheit bei Boss ausgefallen war. Gottseidank ist er nur Boss auf Zeit, soll heißen, für diese Produktion und dann nimmermehr. Ich zähle die Tage. Und ich habe ihm trotz aller Wut auch etwas zu verdanken: Ich durfte feststellen, daß meine Kollegen rückhaltlos für mich eintreten. Sogar, wenn ich gar nicht da bin. Was mich an einen Spruch erinnert, den ich mal bei fb gelesen habe: Freunde sind Menschen, die hinter Deinem Rücken gut über Dich reden.

Das war mein Samstag, nachdem mir Freitag Abend jemand ins Auto gekracht ist. Ich hatte seit 2 Wochen keine Nacht mehr als 5 Stunden geschlafen und habe wieder mal am Sinn des Lebens im Allgemeinen und im Besonderen gezweifelt. Sonntag früh fuhr ich dann 1,5 Stunden an den Arsch der Welt in ein kleines Dorf, das ich ab sofort mit Klavierunterricht versorge. Dort gab ich, weil das Heimatmuseum, wo ich eigentlich unterrichten sollte, den Tag gesperrt war, Stunden auf einem Schulklavier, dessen Tasten nur teilweise Töne produzierten. Von einigen fiel die Kunststoffverkleidung ab und man konnte sich Splitter einreißen. Da, wo der Kunststoff noch drauf war, war er mit Orangensaft (jedenfalls hoffe ich das) verklebt und das Pedal erfüllte seine Aufgabe nur, wenn man sich mit dem gesamten Körpergewicht draufstellte. 

Als ich Sonntag nachmittag wieder zu Hause war, konnte ich nur noch heulen. Also habe ich Pizza bestellt - zum Kochen fehlte mir alles, Kraft, Motivation und Zutaten, denn ich hatte einfach keine Zeit, einzukaufen - und meinen Werwolf-Komponisten einmal quer durch die World of Warcraft kloppen lassen, bis meine Stimmung sich normalisiert hatte. Dann habe ich 10 Stunden geschlafen, denn heute habe ich mal nur die Spätschicht und konnte sogar meinen zerballerten Don Carlos in die Werkstatt bringen. Sie meinten, die Reparatur würde eine Woche dauern und vermutlich über 2500 € kosten. Stoßdämpfer und Heckklappe müssen ausgetauscht und die Autogasanlage gründlich überprüft werden, außerdem wurde der Auspuff zusammengeschoben und muß ebenfalls bis zur Motorhaube ran ausgetauscht werden.

*seufz*

Da hilft nur noch richtig gute Musik.



P.S.: Die richtig gute Musik aus dem letzten Post, um mal das Kinderrätsel aufzulösen, war natürlich das Requiem von W.A. Mozart.

Dienstag, 4. September 2012

Neues Rätsel

Da mir Zeit und Nerven fehlen, jetzt umfangreich über die Dinge zu bloggen, die mich derzeit bewegen, mache ich es kurz: Heute kamen zwei neue Sängerinnen in den Chor. Beide sehr nett, eine sehr gut, die andere braucht noch Eingewöhnungszeit. Man merkt sofort, ob ein Mensch in einen Chor singen geht, weil er das Singen braucht, oder ab der eigentliche, ihm selbst meistens gänzlich unbewußte Grund ein emotionaler ist. Bei mir sammeln sich Mut-Sucher, Krankheiten-Überwinder, Trennungen-Durchsteher und Existenzangst-Haber. Und auch eine große Menge Leute, die einfach unglaublich herzlich und immer gut drauf sind.

Ich selbst tue eigentlich gar nichts außer Proben, aber ich habe schon oft festgestellt, daß die Dinge, die für's Singen wichtig sind, auch für's Leben zählen, angefangen bei der aufrechten aber entspannten Körperhaltung bis dahin, es einfach zu genießen, wie die eigene Stimme klingt, denn dann klingt sie gleich noch einmal so schön.

Mein Musikrätsel für diese Woche ist ziemlich simpel, aber ich wollte einfach dieses wunderbare Video verlinken. Ein wirklich mal gelungener Werbespot. =) Die Frage lautet: Was ist das für eine Hintergrundmusik?


Die Auflösung wird bis zum Wochenende warten müssen, es sei denn, irgendwer liest das Blog vorher, dann dauert es vermutlich noch etwa 3 Sekunden. ;-)

Montag, 3. September 2012

Mein Tag

- war gestern nicht. Ich stand so neben mir, daß ich angefangen habe, eine Süßkartoffelsuppe zu machen und erst bemerkt habe, was ich da aus dem Regal genommen hatte, als der halbe Kürbis schon gehackt im Topf brutzelte. Nun ja, die Kürbissuppe war unglaublich lecker.
Und wie's aussieht wird der heutige nicht besser. Nach einer ohnehin halb schlaflosen Nacht bin ich früh raus, habe ich mir schwungvoll mit dem Brotmesser in den Finger gesäbelt, bin in einem völlig überfüllten Zug zur Arbeit gefahren (was 90 Minuten dauert), nur um dort zu hören, wie entschieden wird, daß ich heute eigentlich gar nicht am Vormittag gebraucht werde und erst um 19 Uhr wiederkommen muß. Ich nehme an, wenn ich nur 3 S-Bahn-Stationen weg wohnen würde, hätte ich gejubelt. Aber gut - ich hatte so die Gelegenheit zu einem Kaffee mit meinem Bruder und jetzt kann ich etliches im Haushalt tun, das ohnehin getan werden muß und mir so nicht mehr die Gedanken im Hinterkopf vermüllt.