Montag, 19. August 2013

Schönes, Abartiges und Irland 08 - Monasterboice & Hill of Tara

Das Abartige zuerst. Neulich beim Wetter gucken im Internet fiel mein Blick auf diese Werbeanzeige am oberen Bildschirmrand:


Mal abgesehen von der mittleren Spalte, die in mir spontane Assoziationen von sabbernden, hilflos stammelnden, Kulleraugen machenden Mittvierzigern an den Rockzipfeln adoptierwütiger halb so alter Frauen hervorrufen, verschlug mir die Leiste wirklich die Sprache. Ich sah nach links. Ich sah nach rechts. Ich sah wieder nach links. "Investiert in Palmöl! Werdet reich, indem Ihr Wälder tötet!" Ich sah wieder nach rechts. "Investiert in Holz! Werdet reich, indem Ihr Wälder anpflanzt!"
Dieses links-rechts hat seither nicht mehr richtig aufgehört. Ich kriege die Bewegung einfach nicht mehr abgestellt. *kopfschüttel*

Aber ein paar Hummeln habe ich auch zu verteilen. =) Gestern hat mich mein Lieblingshund wieder zu einem Spaziergang abgeholt. Wir hirschten eine Stunde durch den Wald hinter meiner Haustür und auf dem Rückweg bekamen wir plötzlich Gesellschaft (wie immer - Klicken vergrößert):


Der war mir, nachdem ich ihn auf dem Weg entdeckt und entzückt für total niedlich erklärt hatte, einfach auf den Fuß gesprungen. Da mußte ich doch gleich an "Ja winken mit den Äugelein und treten auf den Fuß" denken… mittelalterliche Flirtversuche. ^^ Und als wir weitergingen, hüpften sie plötzlich von allen Seiten kreuz und quer über den Weg, boing, boing, boing. Großartig.

Samstag hatte ich eine total schöne Gesangsstunde, zu der ich Kuchen mitgebracht habe, so daß wir einfach mal wieder reden konnten, denn meine Lehrerin ist einfach ein prima Kerl. Daß sie außerdem bei meinem Konzert in 3 Stücken mitsingt empfinde ich als besonderen Bonus und große Ehre.

Als ich nach Hause kam, fand ich einen Briefumschlag in meinem Kasten, der Geschenke enthielt. Von der herzlieben Ashmodiel der Engel, den sie mir schon einmal gemalt hat und jetzt neu - sowohl als großes Bild zum Aufhängen (hängt schon) als auch als Anhänger für eine Halskette (wobei sie immer vergißt, daß man dafür in Ossiland schräg angeguckt wird, wenn man Flügel zeigt - ich muß waren, bis die Schalsaison wieder losgeht ^^) und eine selbstgestaltete Karte mit einem ganz lieben Gruß drauf.



Und sowohl Freitag als auch gestern Abend durfte ich mal wieder feststellen, wieviel Spaß mir Rollenspiel eigentlich macht und wie effektiv mich das aus meinem Alltagskopf herausholt, aus diesem dauernden Problemewälzen, aus diesen Wenns, Abers und Achs.

Ja, und dann habe ich gestern durch Zufall dieses wunderschöne Blog entdeckt:


Klein und fein und mit Musik, sehr schönen Fotos und einigen Überraschungen. Ich kann nur empfehlen, da mal rüberzustöbern. =)


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Irland 08, unser Montag war der Rückreisetag nach Dublin. Die Strecke von Armagh ist an und für sich nicht lang. Wir mußten nur vor 20 Uhr zurück in der Autovermietung sein und den tapferen kleinen Begleiter unserer wunderschönen Woche in Nordirland wieder abgeben.

Also beschlossen wir (ja gut, ich beschloß…), noch 2 Punkte am Wegesrand aufzusuchen: Monasterboice und den Hill of Tara.

Monasterboice ist leicht übersetzbar als das Kloster von Boice oder St Buithe, einem keltischen Heiligen, der etwas nach Patrick und etwas vor Comgall gelebt hat, also im Übergang vom 5. ins 6. Jahrhundert.
Es war ein wenig versteckt. Auf einem kleinen Parkplatz mit einer Würstchenbude liefen unzählige Katzen herum, blinde, lahme, verwahrloste. Das war gleichzeitig bemitleidenswert und gruselig. Wir haben ihnen von unserem Brot und Obst abgegeben - die saßen da teilweise zu fünft in einem Mülleimer! Furchtbar.

Wenn man erstmal in der Nähe ist, scheint es den Schildern nach überall zu sein:


Es ist berühmt für drei Hochkreuze und einen Rundturm - diese Bauart gab es in Irland nur in einer sehr kurzen Zeitspanne im 6. Jahrhundert als Wehrtürme von Klöstern. Die Wikinger waren aber nicht doof und haben sehr schnell herausgefunden, daß man in so einem Konstrukt versteckte Mönche ganz einfach ausräuchern kann. Daher wurden die in späteren Jahrhunderten gebauten Rundtürme vermutlich mehr als Glockentürme denn als Rettung für Mönche und Bücher benutzt.


Der alte Friedhof, auf dem diese Schätze der irischen Geschichte sich befinden, ist auch heute noch in Benutzung. Besonders traurig war das Grab eines 23jährigen Mannes, auf dessen Kreuz stand "beloved son, brother and father". Und besonders schön fand ich dieses eher moderne Grabkreuz mit diesen ganz zart stilisierten Kleeblättern:


Die Hochkreuze sind wirklich beeindruckend. Ob sie aus der Zeit des Klostergründers stammen oder aus einem späteren Jahrhundert (ich meine, gelesen zu haben, sie wären etwa aus dem 10. Jahrhundert, aber das steht gerne irgendwo, wo sich die Gelehrten streiten), kann ich nicht sagen. Aber ob sie nun 1500 oder "nur" 1000 Jahre alt sind - wie verhältnismäßig unversehrt sie bis heute geblieben sind, ist wirklich unglaublich.


Der Sockelstein des einen Kreuzes, etwa einen halben Meter breit und früher offenbar auch aufwendig verziert:


Jesus wird von bösen Römern abgeführt:


Selbst an den Seiten überall Knotenmuster und Bilder:



Vor dem Rundturm war offenbar mal ein Kirchlein - das was da rechts im Bild wie ein kleiner Tisch aussieht, ist auch ein Grab.



Mit ein bißchen Abstand betrachtet frage ich mich dann schon, wie lange das wohl noch aufrecht stehen bleibt:


Dann fuhren wir durch den Ort, wo meine Mutter spontan auch noch die Kirche angucken wollte. Die war ebenfalls von innen sehr schön. Für Nichtkatholiken ist ja sowas hier immer etwas erschreckend:


Spiritueller Exhibitionismus… *Kopfkino* Aber ich mußte es für Ashmodiel fotografieren. =)
Auch wieder ein Haufen Buntglasfenster - beispielhaft hier mal das von St Boice und St Malachy. Es gab ein weiteres Doppelfenster für Patrick und Brighid (wieder einmal sehr sanftmütig dargestellt, was mich immer amüsiert) und jede Menge anderer Heiliger auf einzelnen Fenstern.


Und dann zum Hill of Tara. Anders als Monasterboice ist der Hill of Tara ein Touristenmagnet. 2 Shops (hurra) rahmen ein Restaurant ein, alles ist super ausgeschildert und der Parkplatz knüppeldicke voll. Begrüßt wird man… naaaaa? - richtig, von St Patrick. Und zwar deshalb, weil er hier King Laoghaire (Lear) getroffen haben soll. Da steht er, mit diesem Rauschebart, an den ich mich einfach nicht gewöhnen kann, und der prachtvollen Robe, die er nie hatte, und hält ein Kleeblatt in die Höhe:



Diese ganze wunderschöne Hügelanlage ist unmöglich zu fotografieren. Es war wieder mal ein schweinisch heißer Tag - meine Mama hat sich unter irgendwelchen Bäumen versteckt, während ich alleine über die Hügel streifte -, daher die dunstigen Bilder. Man läuft auf und ab und auf und ab - und muß wirklich gut darauf achten, wohin man tritt, denn es war alles einfach zugekackt von Schafen und Hunden. Ich als Tourist mit dem festen Vorsatz, alles, was mir begegnet, großartig zu finden, fand es einfach - authentisch. ^^ Patrick ist bestimmt auch sein Leben lang durch Schafköttel gestapft.


Das Land ist hier freundlich, hell und weit, aber es strahlt auch eine gewisse Kraft aus. Ich kann mir gut vorstellen, warum das schon tausende Jahre vor Christus (!) ein Clansitz und Kultzentrum war.



Der Krönungsstein, dessen natürlich phallische Form malerisch betont wird durch den Vogelmist, der heruntertropft:


Ich weiß, die Bilder geben es nicht her, aber ich hätte da ewig stehen und einfach nur den Blick über das Land genießen können:


Und Raben gab es, Raben! Ohne Ende!


Schließlich fuhren wir davon. Ich hatte schon allein, weil wir uns der Großstadt zuwandten, ein erstes wehmütiges Ziehen im Bauch - vorbei der Comgall-Patrick-Ulster-Urlaub, zurück in die Zivilisation, in die ich gar nicht so recht wollte.
Und dann der Berufsverkehr in Dublin, eingeengt von einer gefühlten Milliarde Baustellen und geleitet von einem Navi, das hartnäckig behauptete, wir hätten die Autovermietung erreicht, obwohl sie weit und breit nicht zu sehen war. Nach einigem Suchen und Fluchen ("Fuck! Oh, Tschuldigung." - "Macht nichts, ich versteh ja kein Englisch." - "Ach richtig. Fuck, fuck, fuck!") konnten wir den Kleinen dann schließlich abgeben.

Es dauerte noch etwa eine Stunde, bis wir mit dem Shuttlebus zurück zum Flughafen und von dort aus in der Innenstadt angekommen waren. Wir zockelten mit unseren Koffern und Taschen die O'Connell Street hinab, fanden unser Hotel und ich wollte einchecken. Verwirrung auf der anderen Seite des Tresens. Ich hatte den Buchungszettel ausgedruckt dabei und schob ihn rüber. Mehr Verwirrung. Wir waren im Computer nicht zu finden. Schließlich warf ein zweiter Mitarbeiter einen Blick auf den Bildschirm und stellte fest, daß für den Vormonat gebucht worden war - Juni statt Juli.
Ich kann mir nicht erklären, wie das passiert ist, aber ich schätze, Hummel hat sich einfach verklickt. Da standen wir nun. Das Hostel hatte keine Zimmer mehr frei. Das Hotel daneben auch nicht. Und das daneben auch nicht. Hummelmama tat mir den großen Gefallen, ruhig zu bleiben und pragmatisch nach einer Lösung zu suchen. Wir gingen in eine der vielen Touristinformationen, wo ein netter Mensch uns sagte, es gäbe in der Gardiner Street immer Zimmer, wenn man ein bißchen sucht.
Und tatsächlich hatte das erste B&B, das uns sympathisch erschien, ein Zweimannzimmer für die benötigten 3 Nächte.

Schwer erleichtert stellten wir die Koffer ab und warfen einen Blick aus dem Fenster:


Es war für Großstadtverhältnisse erträglich laut, sauber, freundlich und okay. Was nicht okay war, war, daß meine am Abend im Badezimmer abgelegte Engelchenkette am nächsten Abend nicht mehr da lag.

9 Kommentare:

Rowan hat gesagt…

Man schaut dishc schräg an für den Anhänger? oO
Hmmm...vielleicht macht man das mit mir und meinem Heiligengebamsel um den hals auch...aber ich denke immer, die interessieren sich nur für das Zeug auf den Kettenanhängern. ^^ Ist mir auch egal.

Das Bild ist übrigens gar nicht schockierend, das ist einfach nur das Heiligtste Herz Jesu/Sacred Heart. ;) Ganz normal für Katholiken.
Bezieht sich ganz eigentlich aufs Johannesevangelium. "Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen." Das Innerste ist hier das Herz und wird als Ursprung der Sakramente der Kirche gesehen.
Ich hab's ihm auf meinem Sacred Heart Bild halt schwebend in die Hände gemalt. ;)

Rowan hat gesagt…

So ein Wort für "dich" habe ich bisher auch noch nie gezaubert...

Hummel hat gesagt…

Ich weiß schon, was das heiligste Herz betrifft… dennoch ist der Anblick einfach sehr ungewohnt.

Und wir leben hier in der religionsfreien Zone. Hier trägt man auch keine Heiligen um den Hals. Schon ein Kreuz kann Dich bei den falschen Leuten um 20 Sympathiepunkte sinken lassen. Wenn Du hier St Patrick sagst, fragt mein Papa "St wer?". Jahrzehntelang abtrainiert.

Dishc. Klingt wie das Geräusch, das eine klatschende Hand macht. =)

Rowan hat gesagt…

Das Geräusch macht die grade gegen die ganzen Sympathiepunktesenker. ^^
Du hast meine seelische Unterstützung in der Diaspora. ;)

Und das mit der geklauten Engelkette finde ich immer noch scheiße. Ich mein...hallo? Erstmal im Hotel. Und dann auch noch ein Engel. Wer glaubt denn, Freude an einem geklauten Engel zu haben?

Doe Wortbestätigung ocsitt klingt passend etwas wie oxshit.

Hummel hat gesagt…

Ich danke Dir, ich bin ja den Kampf durch Vorleben gegen die Heiden mittlerweile gewohnt. ^^

Weißt Du, ich stand da total traurig nach einem manischen Durchsuchen des gesamten Zimmers, und plötzlich dachte ich: Wer nicht die Kamera klaut, nicht die Bodhran, nicht die Brille oder ein Ladegerät, sondern ausgerechnet diese kleine geweihte Kette… dem kann es nicht um materielle Bereicherung gegangen sein. Der hatte vielleicht wirklich Bedarf an einem Engel. Vielleicht brauchte der irgendwas tröstliches. Wer weiß, vielleicht hat es funktioniert. Obwohl ich selbst mir auch nicht vorstellen kann, mit einem geklauten Whatever glücklicher zu sein als vorher.

Rowan hat gesagt…

Hmmm...vielleicht ist er auch ganz blöd beim Putzen in einem Eimer gefallen und verloren gegangen.

athena hat gesagt…

ooohhhh mein Goooottt - das Fröschchen! Neeeiiin, wie herzzerreißend niedlich! =D Ich liebe kleine Fröschchen!
Aber das mit den Katzen hat mich sofort im Herzen getroffen... :(
Schön übrigens dass ich jetzt endlich weiß wer dieser König Lear war, danke :D
Und der Phallus - ääähhh, Krönungsstein ist wirklich nicht schlecht, hehe xD
Aber der Fensterausblick... urgs...

Tricia Danby hat gesagt…

Na ich hoffe du trägst den Anhänger noch VOR der Schalzeit! Schließlich soll er dich unterstützen. Scheiß auf die Leute!

Sei DU! :P

Hummel hat gesagt…

Mir fehlen eh noch Ketten oder Halsbänder. Irgendwann, wenn ich mal zuviel Zeit habe… im nächsten Leben oder so… google ich mal nach sowas. ^^

Den Fensterausblick fand ich irgendwie cool, Athena - okay, ein Hinterhof und entsprechend schäbig, aber die 2 Iren, die da entspannt Päuschen machten, reißen es doch wieder raus. =)