Donnerstag, 12. September 2013

Das Internet

Ein sehr lieber Bekannter sagte mir vor einigen Tagen: "Du hinterläßt aber eine breite Schneise im Internet, weißt Du das?" Das gab mir etwas zu denken. Und was ich dachte, ist ungefähr:
Nun ja, klar, weiß ich. Ist auch notwendig bis zu einem gewissen Grad - oder zumindest wird das ja immer bei Künstlern behauptet. Wir müssen findbar sein, uns bunt leuchtend auffindbar machen, denn schließlich: niemand sucht nach Kunst.

Aber wie viel von mir will ich wirklich in die Öffentlichkeit tragen? Ich mag es ja schon im Privatleben nicht, allzeit verfügbar zu sein; manchmal will man doch einfach nur verschwinden. Ich zumindest will das. Und außerdem habe ich im "realen Leben" (ich empfinde das Internet durchaus auch als real, aber das ist ein anderes Thema vielleicht) immer die Möglichkeit, Menschen im direkten (verbalen und nonverbalen) Kontakt einzuschätzen und mich dann im Moment zu entscheiden, was ich sage, tue, preisgebe. Ob es besser ist, mit diesem Menschen allein zu reden als in der Gruppe. Ob es besser ist, mit diesem Menschen gar nicht zu reden. Ob es vielleicht sogar wichtig ist, mit diesem Menschen jetzt zu reden, und falls ja, auf welche Art und Weise.

All dies bietet mir das Internet nicht. Hier schreibe ich, ohne die Leser zu kennen, die Suchenden, die womöglich beim Googlen hierhin oder dorthin klicken und mich fernab meiner persönlichen Zusammenhänge kennenlernen - bzw. eigentlich nicht kennenlernen, denn jeder wird sich aus den von mir sichtbaren Bruchstücken irgendetwas zusammensetzen, was letztlich wahrscheinlich mit der echten Hummel nur unwesentlich zu tun hat.
Andererseits habe ich genau diese Erfahrung auch schon mit Menschen gemacht, die mich teilweise jahrelang persönlich (ver)kannten. Vielleicht ist es einfach so, daß wir alle einander in Schubladen stecken, was immer wir von uns selbst behaupten würden, und nur die Wahl haben, wie groß oder eng diese Schubladen sind.

Zusätzlich zu diesem ja eher persönlichen Fragen besteht natürlich dauernd dieser leichte Verfolgungswahn. Niemand von uns weiß doch, was das Internet eigentlich wirklich ist und wie es funktioniert. Jetzt mal ehrlich - wer von uns könnte auch nur selbst Strom erzeugen? (Ohne Katzen zu quälen, meine ich.) Wer weiß schon, was wirklich ein Mikrochip ist und was da passiert?
Ich weiß es nicht. Und ich weiß auch nicht, wer die Menschen sind, die es wissen. Klar, ich habe Dan Brown gelesen und bin seither glücklicher Besitzer des Halbwissens, daß das Internet in der Schweiz erfunden wurde. Aber damit ist es auch schon wieder vorbei. Warum eine DSL-Schnittstelle nur einige km von der nächsten entfernt sein darf, es aber offenbar funktionierende Transatlantikkabel gibt, ist mir ein Rätsel. Und noch unzählige weitere Mysterien dieser Art.

Und dann kommen so Dinge wie ein Abhörskandal, als würden nicht seit Menschengedenken alle immer alle anderen abzuhören versuchen, ein Hype um Verschlüsselungen, der einem Teil von mir einleuchtet, einem anderen absurd erscheint, weil ich mich frage, ob das nicht genau dieselben Leute sind, die Lauschangriffe und Verschlüsselungsmittel in der Hand halten.
Wenn ich zocke, gehe ich davon aus (ich weiß nicht, ob es stimmt), daß alles, was ich in irgendeinem Chatfenster schreibe, auf einem Blizzard-Speicher bleibt. Schon alleine, damit Ingame-Mobbing oder welche Vergehen auch immer für den Spielehersteller nachvollziehbar bleiben.
Was mich nur massiv stört, ist, daß solche Dinge versteckt, verheimlicht, verschleiert werden - man versuche nur mal die Facebookrichtlinien wirklich zu durchschauen - und ich damit nicht mehr die Wahl habe, was ich sage. Ich kann nur entweder paranoid gar nichts mehr sagen oder mich als vollkommen durchsichtig betrachten. Das ist für mich ein krankes Kommunikationsverhältnis.

Eine Patentlösung habe ich auch nicht, und ich fürchte, viel mehr als "die da oben machen doch eh…" gehört nicht zu meiner Problembewältigungsstrategie.

Und jetzt fange ich mal an, meine Homepage, die seit Jahren vernachlässigt in der Ecke liegt, komplett über den Haufen zu werfen und neu zu bauen. ;-)


5 Kommentare:

amala hat gesagt…

ich gestehe, der eigentliche abhörskandal war für mich die blauäugigkeit und naivität der user, die er entlarvt hat *hüstel* ich habe immer gesagt, das, von dem ich will, daß es niemand mitkriegt, mache ich nicht im netz und nicht am telephon...

athena hat gesagt…

Wäre jedenfalls schade wenn Du Dich nun einschränken und nicht mehr frei Schnauze schreiben oder zeigen würdest, wonach Dir gerade der Sinn steht... Dafür mag ich Dein Blog einfach zu gern :-*

Hummel hat gesagt…

@ Amala: Ganz genau.

@ Athena: Wird aber nicht ausbleiben. =) Einiges habe ich schon gelöscht, anderes werde ich mir einfach nur gut überlegen. Aber das sollte man ja sowieso immer, nicht wahr, ob nun im Netz oder von Angesicht zu Angesicht.

Silberweide hat gesagt…

Wäre wirklich schade, wenn die Hummel hier nicht mehr fliegen würde :-(

Hummel hat gesagt…

Natürlich fliege ich. Keine Sorge.
*brummel-torkel-summ*